„Klimatisiertes Wohnen“ am Stahlmast für den Steinkauz
Die Rheinhessischen Weinlagen sind mehr für ihre Reben als für einen lockeren Baumbestand bekannt. Der Steinkauz findet hier zwar ein gutes Jagdgebiet aber kaum bis keine Nistmöglichkeiten vor. Im Jahr 2015 standen wir hier zwischen Hahnheim und Sörgenloch vor genau einer solchen „Problematik“. Es waren zwar Hecken vorhanden, auch standen dort Bäume aber eben nicht „offen“ genug, sodass ein Marder hier gute Deckung und leichtes Spiel vorfinden würde.
Während man an dieser Hanglage also vergeblich nach älteren, solitär steheden Bäumen sucht, viel aber eine Stromtrasse, mit damals erst kürzlich erneuerten Metallmasten auf. Da die Masten mit Typenschild ausgestattet sind, war schnell klar, wen man für die weitere Reifung der Idee, genau diese Masten für die Befestigung von Nisthilfen zu nutzen, mit ins Boot holen muss.
Es war die EWR AG in Worms. Schnell fand sich nach großer Begeisterung für das Projekt ein Ansprechpartner in der Metallwerkstatt des Unternehmens, der mit seinen Azubis kurzerhand vier Vorrichtungen anfertigte, um unsere Röhren leicht am Mast zu montieren, ohne diesen zu beschädigen. Es entstanden solide, verzinkte Halterungen mit einem starken Magneten und einer Halteöse, durch die später ein Spanngurt um den Mast gelegt wird und das ganze Konstrukt somit sichert.
Eine normale Standard-Röhre, wie wir sie normalerweise einsetzen, schien aber aufgrund der mangelnden Beschattung eher ungeeignet oder zumindest verbesserungswürdig.
Nach einigen Überlegungen und Skizzen fertigte ich also eine Röhre mit doppeltem Dach. Der Gedanke dahinter war, dass die warme Luft im Kasten durch eine, mit zahlreichen Löchern versehene Zwischendecke leichter abziehen und zirkulieren kann, ohne dass Zugluft entsteht. Das versetzte Eingangsloch als Marderschutz konnte man sich unter den Gegebenheiten ebenfalls schenken, stattdessen gab es etwas mehr Platz „vor der Tür“. Der Boden wurde halbrund gehalten wie bei den bekannten Röhren um einen besseren Feuchtigkeitstransport zur Mitte hin zu gewährleisten – könnte aber nochmal überdacht werden.
In dieser Form entstanden nun drei Kästen, mit angebrachter Halterung.




Zurück an besagter Hanglage fanden die Kästen nun an drei aufeinander folgenden Masten ihren Platz und warteten auf ihre Bewohner.
In der nächsten Saison fanden wir bereits das erste Steinkauzpaar bei der Kontrolle vor. Leider blieb eine Brut aus. Die übrigen beiden Kästen wurden von Sinvögeln in Beschlag genommen…
So war es auch im Folgejahr, sodass wir an den heißen Tagen sicherheitshalber Temperaturlogger in den Kästen verteilten, aber erfreulicherweise auf annähernd ähnliche Temperatdaten stießen wie an etablierten Baumstandorten.
Im dritten Jahr endlich Eier aber auch hier ließ der Rückschlag nicht lange auf sich warten. Die Brut war bei der folgenden Kontrolle aufgegeben. Vermutlich ist mindestens ein Partner verunglückt, denn dann tat sich für längere Zeit nichts mehr.
Letztes Jahr (2024) könnte eine Brut stattgefunden haben, ich kann es aber nicht mit Gewissheit sagen, da die Jungen sehr früh ausgeflogen sein müssen. Der Röhreninhalt würde aber dafür sprechen.
Im Frühjahr 2025, also zehn Jahre später, finden wir in der ersten Röhre Junge vor. Die zweite wird ebenfalls vom Steinkauz in Anspuch genommen aber eher als Tageseinstand. Zahlreiche Gewölle und sonstige Hinterlassenschaften zeugen von seinem Interesse.
Die Freude erreicht ihren Höhepunkt beim Erreichen von Röhre drei. Einer der Altvögel sitzt bereits im Eingangsbereich der Röhre. Die Kontrolle bestätigt eine weitere Brut!
Die Beringung durfte das Nachhaltigkeitsteam vom EWR wieder begeistet miterleben!
Fazit: Ganz nach dem Motto „gut Ding will Weile haben“ kommen wir zu dem Schluss, dass sich der Aufwand gelohnt hat. Wir werden die Nutzung weiter dokumentieren und berichten.